Marija und Roger - Fremdarbeiterkinder in Nürnberg während des Zweiten Weltkrieges

von Gabi Müller-Ballin

Im Januar 2020 begab ich mich, inzwischen Rentnerin, auf die Suche nach Spuren der Fremdarbeiterkinder in Nürnberg. Wer waren die Kinder? Wann und wo wurden sie geboren, wo lebten sie, wer waren ihre Eltern, wo waren diese in Nürnberg während des Zweiten Weltkrieges zur Zwangsarbeit eingesetzt? Auf diese Fragen wollte ich möglichst viele Antworten finden. Das Ziel meiner inzwischen abgeschlossenen Spurensuche war es, den Kindern ihre Identität zu geben und an sie zu erinnern.
Zwei Fremdarbeiterkinder stelle ich hier vor.

Marija Jaroschenko
18.02.1944 - 12.08.1944

Das Mädchen Marija wurde in Nürnberg geboren. Seine Eltern, Tatjana und Peter Jaroschenko hatten zwei Jahre zuvor, am 24.02.1942, in der Ukraine geheiratet. Neun Monate später wurden sie aus ihrem Heimatort Iwaschki im Bezirk Poltawa zur Zwangsarbeit ins Deutsche Reich verschleppt. Mitte Dezember 1942 traf das Ehepaar im Abstand von zwei Tagen in Nürnberg ein. Hier musste es in den Lumophon Werken, einer Fabrik, die Radioapparate herstellte, arbeiten. Die Ehefrau als Köchin, der Ehemann als Fabrikarbeiter bzw. Dreher. In ihrer ukrainischen Heimat waren beide in der Landwirtschaft beschäftigt gewesen. Die Radiofabrik befand sich in der Schloßstraße 62-64, nahe dem Zeltner Weiher. Untergebracht waren die Eheleute Jaroschenko im Barackenlager des Betriebes in der Mettingstraße 1-3. Als sie Eltern wurden, waren sie 27 und 30 Jahre alt. Marija, ihre kleine Tochter, lebte im Lager bei der Mutter, in der Mettingstraße 1. Kaum ein halbes Jahr alt, bekam der Säugling dort eine Lungenentzündung und verstarb wenige Tage später in der städtischen Säuglingsklinik am Kirchenweg 48.

Roger Be.
*21.05.1944

Roger war der Sohn von Nastja Be.. Sie war ledig und arbeitete in ihrer ukrainischen Heimat in der Landwirtschaft. Seit Ende November 1942 in Nürnberg, musste sie hier als Presserin in der Bayerischen Metallwarenfabrik arbeiten. In dieser Fabrik arbeitete seit Februar 1941 auch der belgische Metallarbeiter Roger Na.. Nastja Be. gab ihrem Kind den Vornamen seines Vaters: Roger. Neun Tage nach der Entbindung im städtischen Klinikum kam die junge Mutter mit dem Neugeborenen zur Lebkuchen- und Schokoladenfabrik Haeberlein-Metzger und in deren Lager auf dem Betriebsgelände in der Neudörferstraße. Der Junge Roger Be. war bei Kriegsende elf Monate alt.